Noch nie wurde so viel Musik gehört wie heute, und noch nie wurde mit Musik so viel Umsatz gemacht.

Die Krise der Musikindustrie, die mit dem Niedergang der CD begann und sich mit dem vorübergehenden Siegeszug von Raubkopierern und Internetpiraten verschärfte, ist überwunden.

Das haben wir dem Streaming zu verdanken,
das zum erfolgreichsten Distributionsmodell für Musik geworden ist; es befindet sich inzwischen auf dem Weg zum Monopol.

Dank Streaming sind immer mehr Menschen wieder bereit, für Musik zu bezahlen.
Davon könnten und sollten alle profitieren, die Musik produzieren, herstellen und vertreiben und nicht zuletzt die Künstler:innen sowie Autor:innen

Foto: Sarah Pflug

Aber eben nicht alle profitieren in gleichem Maße.

Denn die Abrechnungssysteme, die noch aus der Frühzeit der Streaming-Plattformen stammen, funktionieren für manche Arten von Musik besser und für manche weniger gut; manche Künstler:innen ziehen daraus einen Vorteil, andere werden stark benachteiligt.

Darum ist es heute – wo klar geworden ist, dass Streaming bei uns bleiben wird – an der Zeit, diese Abrechnungssysteme zu überdenken, im Interesse der Gleichberechtigung und der Vielfalt der Musik.

Die Fair Share Initiative hat sich vor wenigen Monaten gegründet, um Schwächen und Ungerechtigkeiten dieses Systems zu benennen und mit unseren Partner:innen gemeinsam an seiner Verbesserung zu arbeiten, gemeinsam mit möglichst vielen Betroffenen und im partnerschaftlichen Schulterschluss mit den vertragsgebenden Plattenfirmen.

Schwächen und Ungerechtigkeiten von Streaming

Manipulierbarkeit

Derzeit funktioniert die Entlohnung durch die Streaming-Dienste so, dass Musik generell per Track abgerechnet wird; und zwar so, dass ein Song dann als einmal geklickt gewertet wird, wenn er vom Hörer:innen länger als 30 Sekunden gestreamt wurde. Wie lang der Titel im Ganzen ist und ob er ganz durchgehört wird oder nicht, spielt hierfür keine Rolle. Dieses System ist schon deswegen problematisch, weil es leicht zu manipulieren ist – um hohe Klickraten zu erzeugen und also einen Titel in hohe Charts-Positionen zu bringen, reicht es, ihn über einen sehr kurzen Zeitraum zu streamen; darum kann man mit geringem Aufwand oder gar mit automatisierten Verfahren das Ranking leicht verzerren. Dies gilt völlig unabhängig von Genres und des Bekanntheitsgrades des Künstlers.

Diskriminierung

Doch auch jenseits der Frage der Manipulierbarkeit hat dieses System einen verzerrenden Charakter. Denn es wird darin ganz deutlich eine Art von Musik gefördert, die auf einzelnen Tracks basiert – und zwar gerade auf solchen Titeln, die den Hörer:innen ohne langes Intro sofort in die Musik ziehen und auch nicht sonderlich lang zu sein brauchen; denn ob ein Track zwei Minuten dauert oder zehn Minuten, spielt für den Erlös keine Rolle. Das heißt: Alle Künstler:innen, deren Songs sich jenseits dieses engen Formats bewegen und die sich Zeit für die Entfaltung ihrer Musik nehmen, werden konsequent benachteiligt; wie auch alle, für die nicht der einzelne Song, sondern das Album das relevante musikalische Format ist. Genres, die nicht in dieses enge Streaming-Schema passen – wie etwa der Jazz –, werden systemisch diskriminiert. In seiner gegenwärtigen Gestalt droht das aktuelle Streaming-Konstrukt die kulturelle Vielfalt nachhaltig zu schädigen, und es fehlt ihm fundamental an Fairness gegenüber den Künstler:innen, ohne deren Musik es gar nicht existieren würde.

Unfaire Bezahlung

In Frage zu stellen ist insbesondere das Abrechnungsmodell, nach dem die Einnahmen der Streaming-Dienste verteilt werden. Zurzeit geschieht dies nach dem „Pro Rata“-System. Dabei werden alle Abonnement-Einnahmen der jeweiligen Plattform in einen Topf geworfen und dann durch die Anzahl der Streams auf dieser Plattform geteilt. Damit werden Musiker:innen systemisch begünstigt, die sich an Vielhörende wenden, welche immer wieder ein und denselben Track klicken. Künstler:innen, die solche Zielgruppen bedienen, werden also überproportional an den Abo-Erlösen beteiligt – obwohl ihre Hörer:innen nicht mehr bezahlen als andere Abonnent:innen. Dies führt zu einer unfairen Verteilung der Einnahmen und wirkt sich auch auf die Programmpolitik bzw. Vertragspolitik der Musikkonzerne aus, also darauf, welche Künstler:innen mit welchen Zielgruppen einen Plattenvertrag bekommen.

Intransparenz

Dem „Pro Rata“-Verfahren mangelt es an Fairness, an Angemessenheit – und auch an Transparenz. Denn zwar erhalten die Künstler:innen genaue Abrechnungen darüber, wie oft ihre Musik gestreamt worden ist. Wie sich daraus aber der jeweilige „Pro Play“-Preis errechnet, aus dem sich wiederum die aktuellen Erlöse ergeben – das ist in diesem System ebenso intransparent und unüberprüfbar wie die Höhe der diversen Abzüge von den Abonnement-Einnahmen, die an die Streaming-Dienste und die Musikkonzerne fließen.

Darum fordert
Fair Share

01 Alternative Vergütungsmodelle

„User Centric Payment“- Verfahren (UCP)
Hier werden die Erlöse aus den Abonnementgebühren der einzelnen Kund:innen exakt an die Künstler:innen verteilt, die er oder sie sich angehört hat. Dieses Verfahren ist fairer und weit weniger manipulierbar.

„User Time Centric Payment“-Verfahren (UTCP)
Denkbar wäre auch, das UCP zu einem „User Time Centric Payment“-Verfahren (UTCP) zu erweitern, das nicht nur erfasst, wie oft ein einzelner Track geklickt wird, sondern auch, wie lange er abgespielt wird. Damit ließe sich auch Manipulationen vorbeugen, die mit massenhaften Kürzestklicks operieren.

02 Transparenz

Die Verträge zwischen den Streaming-Diensten und den Musikkonzernen müssen transparent und überprüfbar werden. Für die Künstler:innen und ihre Managements ist zurzeit nicht nachvollziehbar, welche Erlöse nach welchen Maßgaben von den Streaming-Diensten an die Musikkonzerne weitergegeben werden und wie hoch die Abzüge sind, die diese Konzerne wie auch die Streaming-Dienste ihrerseits einbehalten.

03 Faire Vergütung

Die Verträge zwischen Künstler:innen und Labels müssen modernisiert werden hinsichtlich der Verteilung von digitalen Erlösen, vor allem aber auch insofern, als immer noch übliche Vertragsbedingungen aus dem alten System gestrichen werden sollten wie zum Beispiel die Abzüge, die Plattenfirmen für die Produktion von CD-Hüllen und ähnlichen Posten aus der Epoche physischer Tonträger berechnen.

04 Manipulationssicherung

Pro-Rata-System manipulationsanfällig
Die Einnahmen aus dem Musik-Streaming müssen viel besser gegen Manipulationen gesichert werden. Sowohl Plattenfirmen als auch Streamingdienste haben signifikante Manipulationen im gängigen Pro-Rata-System bestätigt, Sicherheitsstandards oder eine unabhängige Kontrollinstanz gibt es nicht, die Tür für kriminelle Handlungen bis hin zu Geldwäsche steht offen.

Manipulationen haben starke Auswirkungen auf die Vergütung
Nun sind Manipulationen nichts Neues; in der Geschichte der Popmusik hat es sie immer wieder gegeben. Doch waren sie noch nie so leicht durchzuführen und so weit verbreitet wie im heutigen Streaming- System – und hatten noch nie so starke Auswirkungen auf die Einkünfte aller Künstler:innen. Denn weil – wie weiter oben beschrieben – in dem aktuellen „Pro Rata“-System die meistgeklickten Musikschaffenden überproportional an den Erlösen beteiligt werden, führen Manipulationen auch dazu, dass die Einkünfte von weniger oft gestreamten Künstler:innen noch weiter sinken. Wer manipuliert, verschafft nicht nur sich selber Vorteile, sondern schädigt damit unmittelbar andere Künstler:innen.

Verbindliche Definition wird benötigt: Was ist Manipulation und was nicht?
Benötigt wird als erstes eine verbindliche Definition dessen, was als Manipulation zu bewerten ist, denn es gibt Grauzonen. Wenn eine einzelne Kund:in binnen kurzer Zeit hundertfach denselben Titel klickt – kann man das noch als Fan-Verhalten durchgehen lassen? Oder muss man nicht in solchen Fällen bereits überprüfen, ob hier jemand im Auftrag und gegen Bezahlung arbeitet – oder sich gar ein Bot, eine Klickmaschine am Werk befindet?

Manipulation offen legen und dagegen vorgehen
Auch hier ist Transparenz gefordert: Die Streaming-Dienste müssen offenlegen, ob und mit welchen Mitteln sie gegen Manipulationen vorgehen – und an welchen Stellen, bei welchen Künstler:innen sie auf Manipulationen stoßen. Das muss auch zu Konsequenzen führen. Streaming-Accounts, mit denen manipuliert wird, müssen geschlossen werden. Die Charts-Wertungen, die dabei zustande gekommen sind, müssen revidiert werden – ebenso wie die Erlöse, die sich aus diesen Charts-Wertungen ergeben; zugunsten der Künstler:innen, die unter den Verzerrungen durch die Manipulationen leiden.

Sicherungssysteme installieren
Kurzfristig müssen elektronische Sicherungssysteme installiert werden, mit denen zum Beispiel das Abspielen von Songs oder Playlists in Dauerschleifen verhindert wird. Langfristig sollte bei allen Beteiligten ein Bewusstsein dafür wachsen, dass Manipulation kein Kavaliersdelikt ist, sondern eine Straftat. Das wird es aber erst geben, wenn das gesamte System des Musik-Streamings überdacht und verändert wird und wenn seine Protagonist:innen verstehen, dass Fairness und Transparenz wesentliche Werte sind für jede Art der kulturellen Produktion und ihrer Vergütung. Die Anfälligkeit des derzeitigen Abrechnungsmodells für Manipulationen bedroht die Vielfalt und die Entwicklung der Musik im Ganzen. Newcomer:innen haben es noch schwerer als früher, Gehör zu finden; ebenso wie alle Künstler:innen, die sich abseits des Mainstreams bewegen. Darum fordert Fair Share eine Neuordnung der Verteilung von Streaming-Erlösen im Interesse der kulturellen Vielfalt – im Interesse einer lebendigen Musik, die sich entwickeln und verändern kann, auch in Zukunft.

Mach mit, gemeinsam
gegen Schwächen
und Ungerechtigkeiten

Ziele von Fair Share

Die Initiative Fair Share setzt sich für einen fairen und transparenten Musikmarkt ein.
Zu den dringendsten Anliegen und Zielen der gemeinnützigen Initiative und ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen gehören:

  • Die Einführung fairer „user centric“ Vergütungsmodelle.
  • Transparenz aller Marktteilnehmer gegenüber Künstler:innen.
  • Manipulationssicherung durch z.B. die Einführung einer „Zwei-Wege-Authentifizierung“

Eine Selbstverständlichkeit
Die Initiative verschreibt sich hierbei dem respektvollen Umgang mit allen Partnern:innen, Kollegen:innen und allen Verhandlungspartnern:innen. Besonders sorgsam achten wir darauf, dass niemand aufgrund von Geschlecht, Herkunft, musikalischem Genre, ethnischer Zugehörigkeit, Hautfarbe, Behinderung, Religion oder sexueller Orientierung diskriminiert wird. Fair Share wird Menschen die Teilhabe an der Initiative oder jedwede Mitarbeit ausnahmslos versagen, die sich nicht nach den Regeln unserer Demokratie, dem Grundgesetz, verhalten und / oder Menschenverachtung, Hass, Hetze und Verschwörungstheorien verbreiten.

Unterstützer:innen:

Vorname Nachname Firma
Davin Enterprises Dr. Cyrus Alamouti
DolceRita Music & Publishing GmbH
Schuldt-Ertel
Verlaashi
Albrecht Fiebiger
Alexander Kaufmann
Alexander Maurus Wanderlust Entertainment GmbH
Alexander Neuparth K.E.R.N.
Andreas König Privatperson
Andreas Wolff Music Paradise Tonstudio
Angelika Strittmatter Dr.
Anna Seifert
Armin Kerscher
Arndt Schmöle
Axel Schulz
Benjamin Budde Budde Music Management GmbH
Benjamin Branzko
Bernd Steinbach
Björn Bäurle
Björn Urbanek
Britta Ostermann
Camille Camille Nanto Dance
Chantal Stockmann Kanzlei Stockmann
Christian Mikolai
Christian Roloff Spreeklang DJs
Christina Lux LUX
Christopher Hellwig
Clive Grimble Splittin’Image
Daniel Kempf OWTF Entertainment
Daniel Baron
Diana Leitmann
Dirk Krieter
Doris Kulossa-Delfino Label recordarpa (Blockflötenbau)
Emiel van Egdom Emiel van Egdom
Florian Graser
Florian Müller
Garry Mark Davison Scoopas GmbH
Hanno Heekeren
Hans-Peter Vogel
Hendrik Fauer
Henrik Anders
Horst Zaunegger
Iris Hofmann Privatperson
Isabelle Saadatnejad Hush Hush
Jan Clausen
Jan-Simon Wolff
Jana Maria Knopp Drehbuchautorin & Textdichterin
Jens Herrndorff Musikmanagement Jens Herrndorff
Johannes Cordes JC Entertainment UG
Johannes Ribic Privatperson
Johannes Weiß
Jonas Diestelmeier klainLaut audio
Jörn Kretschmer
Josef Schweinzer MacGyzer
Julia Kravcikova
Jürgen Müller Privatperson
Juri Bader Beatbude
Kai Manke Networking Media
Kai Steltner
Katharina Köhler
Klaus Unmüßig
Lena Förg
Lisa Mckeown
Lui Schröder Selbstständig
Majon Burger
Manfred Rolef
Marc Feldmann Marcsfirma
Mark Reeder Mark Reeder MFS
Marlen Bonsai Kitten
Martin Wulf Almost Frank
Matthias Böttcher
Maximilian Dorgerloh Drummer
Michelle Leonard
Mona Meiller
Nicolas Pasquet Dirigent
Nigel Carling NGGT
Oliver Funke Machine Ethics
Patrik Majer
Paul Grauwinkel
Richard Simon Schweinzer Hoedn Productions
Rita Zarwel
Robin Grubert
Rocko Schamoni
Sascha Kulasevic Voralberger Volleyball Verband
Sebastian Bohnenberger
Sidney Bieri
Siegfried Traub SGT Musican live & teach
Simon Thiel Simon&Thiel
Sophie Kammann
Sophie-Justine Herr
Sören Bindemann
Stefan Bosch Stefan Kriesme_Übersetzungen und Bürotätigkeiten
Stefan Kelm
Steffen Möller BArch
Susanne Neeb
Sven Bünger
Sven von Strauch Future Mind
Sylvia Kollek Marken Medien Musik
T.M. Peters
Tessy Schulz TESSYSCHULZ – International Artist Management + Music Consultancy
Thomas Ebner Ebydrums
Thorsten Wulfes Thorsten Wulfes Consulting
Tina Krug
Tobijan Torrentino Jevatta
Uwe Scheier ZOS Studio und TV
Verena Mack
Yasmin Daus KSK Media GmbH/Social Media
Blichmann Haargalerie Blichmann
Piazza Media GmbH
ROYALIST

Copyright © 2021 Fair Share Initiative e.V.i.G.